All inclusive – so könnte man die neue Pauschale für die Nutzung der Telematikinfrastruktur nennen. Allerdings: Wer als Vertragsärztin oder -arzt nicht alle Anwendungen der TI betreibt, bekommt weniger oder gar kein Geld.
Berlin. Die Entscheidung im Bundesgesundheitsministerium (BMG) wurde seit langem erwartet, nun ist sie kurz vor dem Fristende zum 1. Juli 2023 gefallen: Arztpraxen und Apotheken sollen demnach ab Juli eine monatliche Pauschale für die Nutzung der Dienste der Telematikinfrastruktur bekommen.
Deren Höhe hängt nach Informationen des Ministeriums, die der Ärzte Zeitung exklusiv vorliegen, von der Größe der Praxis und dem Zeitpunkt der Ausstattung mit Konnektoren, Kartenlesern und anderen Komponenten für die Nutzung der Telematikinfrastruktur ab.
Im Prinzip berechnet sich die Pauschale offenbar aus der Summe der bisherigen monatlichen Betriebskosten, die einer Praxis bisher entstanden sind, und der anteiligen Investitionskosten pro Monat. Dabei werde die technisch vorgegebene Lebensdauer der Komponenten berücksichtigt, heißt es.
Die Betriebskosten über fünf Jahre taxiert das Ministerium auf 7.900 Euro für kleinere Praxen und auf 9.062,50 Euro für Praxen mit mehr als sechs Ärzten – wobei die Anzahl der Ärztinnen und Ärzte als Vollzeitäquivalent gezählt wird
Umgerechnet auf fünf Jahre, sollen kleine Praxen damit ab sofort (bei bis zu drei Ärzten) bei Erstausstattung vor 2021 monatlich eine TI-Pauschale von 237,78 Euro erhalten, mittlere 282,78 Euro und größere Praxen (>6 Ärzte) 323,90 Euro. Etwas weniger gibt es, wenn der Konnektor bereits ausgetauscht wurde oder erst vor Kurzem ein TI-Erstanschluss erfolgt ist.
Volles Geld nur für alle Anwendungen
Um zu gewährleisten, dass möglichst alle TI-Anwendungen genutzt werden, ist eine weitere Voraussetzung für die volle TI-Pauschale, dass alle Anwendungen wie Notfalldatenmanagement/E-Medikationsplan, ePA, KIM, eAU, E-Arztbrief und ab Januar 2024 auch E-Rezept in der Praxis genutzt werden können.
Die bittere Pille für Praxen: Fehlt nur eine Anwendung, wird die fällige TI-Pauschale um die Hälfte gekürzt; fehlen zwei Anwendungen, gibt es überhaupt kein Geld mehr. Selbstredend, dass die Krankenkassen diese Lösung gut finden – und die KBV dagegen heftig protestiert. Verantwortlich ist jedenfalls das BMG, darauf kann die Selbstverwaltung, die sich zuvor nicht einigen konnte, verweisen.
Anschaffungskosten werden nicht verzinst
Erfolgt im Zuge einer Anpassung der Vereinbarung zum Entlassmanagement unterjährig eine Erweiterung der angebotenen Muster, haben die bereits zugelassenen Hersteller zudem die Möglichkeit, im laufenden Jahr einmalig eine Erweiterung ihrer Zulassung ausschließlich mit den neuen Mustern zu beantragen.
Betriebs- plus Anschaffungskosten durch 60 (Monate)
Nachdem KBV und Krankenkassen sich nicht einigen konnten, addierte das Bundesgesundheitsministerium die Kosten, die den Praxen durch die TI entstehen: Je nach Praxisgröße kam das Ministerium auf Kosten für die Erstausstattung in Höhe von 6.366,50 Euro für Praxen mit bis zu drei Ärztinnen und Ärzten, von 8.369 Euro für Praxen mit vier bis sechs Ärzten und von 10.371,50 Euro für Praxen mit mehr als sechs Ärzten (siehe nachfolgende Grafik).
Hauke Gerlof
Stellvertretender Chefredakteur
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BUNDESMANTELVERTRAG (BMV)
- BMV-Ärzte
Anlage 32 – Telematikinfrastruktur
bis 30.06.2023
Vertragsdatum: 14.12.2017
Fassung vom: 26.08.2022
Inkrafttreten: 18.07.2022
TI-Finanzierungsvereinbarung (Anlage 32 BMV-Ä).pdf
ab 30.06.2023
Vertragsdatum: 01.09.2023
Fassung vom: 01.09.2023
Inkrafttreten: 01.07.2023
Festlegung_Telematik-Infrastruktur.pdf
- BMV-Zahn-Ärzte
https://www.kzbv.de/bundesmantelvertrag.1223.de.html
bis 30.06.2023
Anlage 11
ab 30.06.2023
Anlage 11- 11a- 11b- 11d
bmvz-anlage-11-11a-11b-11d.pdf
- Letztes update 29.09.2023