MIOs und die E-Akte für Patienten
MIOs und die elektronische Patientenakte (ePA)
Die elektronische Patientenakte – kurz: ePA – wird ab dem 1. Januar 2021 von den gesetzlichen Krankenkassen ihren Versicherten angeboten. Mit der ePA können gesundheitsbezogene Daten zwischen dem Patienten und denjenigen, die an seiner medizinischen Behandlung beteiligt sind, ausgetauscht werden. Dazu zählen Arzt-, Psychotherapeuten- und Zahnarztpraxen, Apotheken und Krankenhäuser. In der Akte können alle gängigen Dokumenttypen eingestellt werden.
Das Fundament für die ersten Akteninhalte sind MIOs (Abkürzung für: Medizinische Informationsobjekte). Die KBV erfüllt damit dem Auftrag aus dem TSVG, die semantische und syntaktische Interoperabilität für Inhalte der elektronischen Patientenakte in Zusammenarbeit mit weiteren Institutionen und Organisationen zu erarbeiten und festzulegen.
“Schafft es die KBV nicht, bis zum Stichtag 1. Januar 2021 das Fundament für die ersten Akteninhalte zu schaffen, muss sie den Staffelstab an die Deutsche Krankenhausgesellschaft übergeben. Dass es nicht so weit kommt, dafür ist auch Dr. Bernhard Tenckhoff, fachlicher Projektleiter Medizinische Informationsobjekte bei der KBV, verantwortlich. Im Interview mit VIEW erzählt er, wie die KBV die richtigen Spezifikationen finden will, welche Dokumente zuerst angepackt werden und wie es gelingen kann, es möglichst vielen Akteuren recht zu machen.
Was genau umfasst das Aufgabengebiet der KBV, das ihr übertragen wurde?
In § 291b des Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSGV) hat der Gesetzgeber festgelegt, dass die KBV im Benehmen mit einer ganzen Reihe von Organisationen die semantische und syntaktische Interoperabilität der Patientenakteninhalte definieren soll. Ab dem Stichtag im Mai hatten wir vier Wochen Zeit, um eine sogenannte Verfahrensordnung zu erarbeiten, und weitere vier Wochen, um uns darüber mit den im Gesetzestext genannten Institutionen abzustimmen. Diese Verfahrensordnung bezieht sich auf das Benehmensherstellungsverfahren für Vorschläge und Definitionen, die nach einem offenen Kommentierungsverfahren festgelegt und veröffentlicht werden. Übrigens ist die Verfahrensordnung für jedermann auf unserer Website einsehbar. In ihr sind über 20 Institutionen gelistet, mit denen wir das Benehmen für die sogenannten Medizinischen Informationsobjekte (MIO) herstellen. Unter MIO verstehen wir die einzelnen medizinischen Dokumente, die in die Akte einfließen sollen, zum Beispiel den Impfpass.
Welche Institutionen sind das, mit denen Sie sprechen und sich abstimmen?
Vom Gesetzgeber vorgegeben sind zum Beispiel die DKG, die gematik und ihre Gesellschafter, Industrie-, Pflege- und Forschungsverbände und Fachverbände. Wir möchten aber tatsächlich mehr Mitsprache und Transparenz ermöglichen, als der Gesetzgeber vorgibt. Darum haben wir das Papier „Grundlagen guter Zusammenarbeit“ entwickelt. Darin steht, wie wir den Entwicklungsprozess so gestalten können, dass eine größtmögliche Beteiligung der verschiedenen Stakeholder stattfindet. Außerdem möchten wir schon vor dem öffentlichen Kommentierungsverfahren Experten aus den Berufs- und Fachverbänden an Bord holen, um ihr Know-how von Beginn an in die Entwicklung der MIO einfließen zu lassen. Unsere Definitionshoheit gilt ja nicht nur für den ambulanten, sondern auch für den stationären Bereich, die Reha, die Pflege, die Rettungsdienste, die Apotheken – einfach für alle gesundheitlichen Versorgungsgebiete. Es wäre sehr vermessen zu denken, dass wir für all diese Bereiche die MIO in Eigenregie entwickeln können.
Wie ist Ihre Herangehensweise bei der Ermittlung der Spezifikationen? Wo fangen Sie an – und wie?
Der Gesetzgeber hat im ersten Entwurf für das Digitale Versorgungsgesetz (DVG) bereits durchblicken lassen, welche Dokumente er als Erstes bearbeitet wissen möchte. Dabei handelt es sich um die Dokumente, die schon im Koalitionsvertrag festgelegt wurden: Impfpass, zahnärztliches Bonusheft, Mutterpass und U-Untersuchungsheft. Außerdem werden zum Stichtag am 1. Januar 2021 der elektronische Medikationsplan, der Notfalldatensatz und der Arztbrief, sofern er elektronisch erzeugt wird, Bestandteil der Akte sein. Mit den Dokumenten aus dem ersten DVG-Entwurf beschäftigen wir uns im Moment. Wir recherchieren, was es zu diesen Dokumenten innerhalb Deutschlands, aber auch international schon an elektronischen Umsetzungen gibt, welche Standards und Nomenklaturen verwendet werden.
Wir haben außerdem ein paar Grundsatzentscheidungen getroffen, die sich zum Beispiel auf die Umsetzung der MIO in einer speziellen, aus unserer Sicht sinnvollen Form des FHIR-Formats beziehen. Ganz aktuell sind wir dabei, die Dokumente hinsichtlich ihrer medizinischen Inhalte zu analysieren, sie mit den jeweiligen FHIR-Ressourcen zu verknüpfen und – soweit notwendig und sinnvoll – zusätzlich semantische Annotationen aus zum Beispiel den ICD– oder OPS-Kodierungen anzufügen.”
Quelle: Am Anfang ist der Impfpass – Bahn frei für die elektronische Patientenakte (zuletzt abgerufen am 27.01.2020 um 08:44)
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Wo stehen wir?
Die Kommentierung zum MIO U-Heft ist am 13.07.2020 gestartet. Kommentare können noch bis zum 21.08.2020 hier abgegeben werden: Phase I – Kommentierung. Wir freuen uns über konstruktives Feedback zu fachlichen Inhalten sowie zur semantischen und syntaktischen Umsetzung. Eine Anleitung zum Kommentierungsverfahren finden Sie unter dem Menüpunkt Allgemeine Hinweise zur Kommentierung.
Das erste MIO ist der Impfpass.
Folgen werden der Mutterpass und das U-Untersuchungsheft.
KBV.de: MIOs: neue Standards für den Datenaustausch
MIOs (Abkürzung für: Medizinische Informationsobjekte) stammt von der KBV. Sie folgt damit dem Auftrag aus dem TSVG, die semantische und syntaktische Interoperabilität für Inhalte der elektronischen Patientenakte in Zusammenarbeit mit weiteren Institutionen und Organisationen zu erarbeiten und festzulegen.
Verfahrensordnung
Nach der Kommentierungsphase eines medizinischen Informationsobjektes (MIO) schließt sich die gemäß 291b Absatz 1 Satz 7 definierte Benehmensherstellungsphase an. Darin wird die KBV mit den in § 3 Absatz 1 Satz 1 der Verfahrensordnung “Benehmensherstellung Medizinische Informationsobjekte” genannten Institutionen das Benehmen herstellen.
Benehmensherstellung Medizinische Informationsobjekte (MIO Verfahrensordnung)
Im Fall des U-Heftes folgen Gemäß § 3 Absatz 1 Satz 2 der Verfahrensordnung weitere maßgebliche, fachlich betroffene Fachgesellschaften und Verbände bestimmt, mit denen die KBV das Benehmen herstellt:
- Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V. (BVKJ)
- Deutscher Hebammenverband e.V.
- Gesellschaft für Qualität in der außerklinischen Geburtshilfe e.V. (QUAG)
- Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin e.V. (DAKJ)
- Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V. (DGKJ)